Rowen:
Erfolgreiche
Schweizer-Boxen

Optisch ist sie elegant wie kaum eine zweite, akustisch brilliert sie mit phantastischer Räumlichkeit, und hinter der Stoffabdeckung steckt Handarbeit in Schweizer Qualität: Die Rede ist von der Lautsprecher-Serie Rowen, die vor vier Jahren in einem hartumkämpften Markt antrat und heute in der Schweiz eine beachtliche Position erreicht hat. HIFI VISION hat den Entwickler und sein Produkt in Freiburg besucht.

Nichts geht über Passion. Und davon hat Anton Aebischer eine rechte Portion. Natürlich hat der Elektroingenieur keine Mühe, mit technischen Exkursen zu brillieren, doch noch lieber spricht er von Timbre und von Musikalität und läßt anschließend die Ausbeute seiner Entwicklungsarbeit erschallen.

Es ist das Resultat seiner Ambition, audiophile Perlen zu einem erschwinglichen Preis unter Leute zu bringen, die Musik aus Leidenschaft hören. Natürlich soll die Firma Dynavox SA, wo Aebischer als Direktor und Chefentwickler waltet; auch Geld verdienen. Diese Rechnung geht auf: Der Importeur von Audiokomponenten amerikanischer und britischer Firmen wie AR, NAD, Audio Innovations und Cambridge Audio macht vier Jahre nach dem Einstieg in den Lautsprecherbau mit der Rowen-Serie bereits 40 Prozent des gesamten Umsatzes.

In der Schweiz schätzt Anton Aebischer den Marktanteil in der gehobenen Klasse bei rund 20 Prozent. Die rund 40 Händler in der Schweiz haben bereits über 8000 Lautsprecher der mittlerweile sieben verschiedenen Rowen-Typen verkauft.

Ein solch fulminanter Start läßt sich nur mit Qualitätsarbeit erreichen. Und das allein reicht für einen Neuling nicht aus, denn das Konkurrenzfeld ist groß. Gefragt ist auch Originalität. Mit einem Paarpreis von unter 2000 Franken startet die Linie der eleganten Standboxen mit der R3, einem Zweiwegsystem mit drei Chassis, homogen und solide, doch in den Höhen etwas schmeichelnd, wie Aebischer selber einräumt. Dies ist die Folge kleiner Kompromisse bei der Materialwahl. Ohne Abstriche gebaut sind hingegen die größeren Geschwister von der R2, der R1 und R1&1 bis zum Referenzmodell R-S. “Ich mache die Musikalität für das menschliche Ohr, nicht für die Meßtechnik”, lautet das Credo des Freiburger Audio-Technikers. Der Schlüssel zu dieser Aussage liegt in den physikalischen Eigenschaften unseres Ohres, das zwei Hörphasen unterscheidet. Entscheidend sind nämlich die ersten fünf bis zehn Millisekunden jeder neuen akustischen Information. Dieser Primäreindruck definiert die Soundquelle, deren Größe und das Timbre der verschiedenen Instrumente.

Die zweite Phase wird vor allem durch das Ambiente im Raum bestimmt. Nun kann man in dieser kurzen Einschwingphase kaum Daten messen, die Resultate sind zudem schwer interpretierbar. Das ist unter anderem ein Grund, weshalb die Entwicklungsarbeit bei Schallwandlern so langwierig ist. Die in der zweiten Hörphase (eingeschwungener Zustand) gemessenen Werte haben für Anton Aebischer deshalb nur relative Bedeutung: “Es gibt Boxen mit besseren Meßdaten, die aber schlechter klingen.

HIFI VISION hatte auch gar keine Meßgeräte im Gepäck, dafür einige Hörproben und natürlich den wichtigsten Kritiker, das menschliche Ohr. Als gemeinsamer akustischer Nenner der ganzen Linie fällt die bemerkenswerte Homogenität und Spontaneität auf, die begleitet wird von einer verblüffenden, räumlichen Darstellung mit viel Wärme.

Ob Solostimme, Klaviersonate, Großorchester oder Perkussions-Feuerwerk, die Rowen-Lautsprecher spielen ihre Dynamik voll aus, ohne die Tonquelle mit eigener Couleur zu schminken, wenn kritische Hörer bei der Rowen auch ein Übermaß an Wärme zu orten glauben.

Hört man sich vom Basismodell hinauf zur Spitze, gewinnt das Klangbild zunehmend an Luftigkeit. Das Top-Modell R-S - probegehört in der Aktiv-Version mit zwei integrierten Mono-Endstufen - , ist ein würdiger Vertreter der High-End-Klasse zu einem durchaus vernünftigen Preis von 5300 Franken das Stück (ohne Endstufen). Für knappere Platzverhältnisse hat Anton Aebischer die R-Reihe jetzt auch noch mit zwei kleineren Monitor-Boxen ergänzt (M-l, M-2), die mit Vorteil auf Ständer gestellt werden.

Bipolar und asymmetrisch

Gebaut ist die ganze Reihe im Bipol-System, das heißt, der Lautsprecher strahlt sowohl nach vorne wie nach hinten ab. Die zwei größten Modelle sind eigentliche Doppel-Lautsprecher, da sowohl Hoch- und Mitteltöner sowie der Baß doppelt vorhanden sind, bei der R-S gar in der Ausführung mit vier Baß-Chassis. Bipol-Systeme sind nicht immer leicht zu plazieren, doch dank der trapezförmigen Grundform des Gehäuses lassen sich die Rowen variantenreich aufstellen, ohne daß im Raum akustische Löcher entstehen. So können die Lautsprecher zum Beispiel in einem länglichen Raum mit zwei Hörzonen ideal wandseitig in die Mitte plaziert werden. Doch auch bei konventioneller Aufstellung in richtiger Distanz zur Rück- und Seitenwand bestätigen sich die Rowen als wahre Raum-Künstler, welche komplexe Instrumentalstrukturen sauber in die Tiefe staffeln.

Das massive, im waadtländischen Ste/-Croix gebaute Gehäuse besteht aus dem sehr dichten Material MDF (Pressmischung aus Holz und Harz u.a.) und ist innen- wie außenseitig mit Echtholz furniert. Vor- und Rückseite sind durch eine Trennwand separiert, wie auch die verschiedenen Chassis untereinander, die damit durchwegs in asymmetrischen Innenkammern untergebracht sind. Ein weiterer Vorteil dieses Bipol-Systems liegt in der gegenüberliegenden Anordnung der Chassis. Damit hebt sich deren Beschleunigung gegenseitig auf. Das Gehäuse bleibt dadurch sehr ruhig und betätigt sich nicht als unkontrollierte Passivmembrane.

Besondere Aufmerksamkeit hat Anton Aebischer auch der Frequenzweiche geschenkt. Sie ist seriell geschaltet und mit wenigen Bauteilen so verlustarm wie möglich konzipiert. Hergestellt wird sie bei der Relec SA in Yverdon, die in Handarbeit die ganze Rowen-Palette auch montiert und im Testraum jeden Lautsprecher ausmißt.

Der Trick mit der Ellipse

Und die Chassis? “Powered by AR” steht im Rowen-Signet. Das rührt daher, daß Anton Aebischer sich jener Chassis erinnerte, welche Acoustic Research vor Jahren bei ihren legendären Modellen 3a und LST einsetzte, deren Produktion später jedoch eingestellt wurde. Bei allen Chassis (außer bei R3) werden natürliche Membranmaterialien eingesetzt.

Die Kalottenhoch- und Mitteltöner sind mit imprägnierten Stoffmembranen ausgerüstet, der Konus-Baßlautsprecher mit einer Kartonmembrane. Einen verblüffend einfachen und ebenso wirksamen Eingriff hat der Ingenieur am Tieftonchassis vorgenommen. Ein Kartonaufsatz in Form einer gefalteten Ellipse, welche ebenfalls in Yverdon eingesetzt wird, hilft die Membran asymmetrisch zu versteifen.

Wer schon mal versucht hat, ein Ei in der Längsachse zu zerdrücken, kann sich die verstrebende Wirkung vorstellen. Damit hat der Tüftler nicht nur die Verformungsgefahr bei hohen Beschleunigungen (ein Schwachpunkt der Kartonmembrane) praktisch ausgeräumt, sondern auch die laterale Abstrahlung verbessert.

Elegant und zeitlos

Einen eigenen Weg sind die Hersteller auch beim Design gegangen: Hochgeschossen, schlank, kantenlos und ohne rechten Winkel im Grundriß. Statt wie bei vielen Boxen werden nicht die Chassis allein, sondern gleich das gesamte Gehäuse mit einem Tuch bespannt. Der fertigen Box wird quasi ein Strumpf übergezogen, der sich später in wenigen Handgriffen zum Beispiel durch eine andere der insgesamt vier Farben wechseln läßt. Auch für Sockel und Deckel gibt es vier Standardausführungen, auf Wunsch auch Marmor oder Granit. Da für Anton Aebischer der Lautsprecher nur Mittel zum Zweck ist, soll er weder technisch noch elektronisch aussehen und sich möglichst diskret in der Wohnumgebung einpassen. Dieses Ziel hat er voll erreicht, und wie das Echo von Händlerseite zeigt, geben nicht selten die in Designfragen stilbewußteren Frauen den Ausschlag für einen Entscheid pro Rowen.

Die passende Elektronik

Doch die Musikwiedergabe lebt bekanntlich nicht vom Lautsprecher allein. Was Impulsfreudigkeit und straffe Abbildung betrifft, können sich die Rowen am besten mit einem potenten Verstärker profilieren. Weil keiner besser weiß, was seine Schall-Wandler brauchen, hat Anton Aebischer nach dem Erfolg mit den Lautsprechern auch die passende Rowen-Elektronik gebaut. Im Gespann mit dem Vorverstärker PR-l und den Mono-Endstufen PA-1 sind die Lautsprecher denn auch eine Klasse für sich - ein unzertrennliches Paar, müßte man fast sagen, nachdem man die Top-Modelle auch mit Konkurrenz-Verstärkern probegehört hat.

Auch bei den elektronischen Komponenten ist der Konstrukteur eigene Wege gegangen. Aebischer ist davon ausgegangen, daß Lautsprecher bei der Einschwingphase eine dynamische Impedanz aufweisen, die gegenüber der statischen bis zum Faktor fünf tiefer liegt. Damit entstehen kritische Impedanzen unter einem Ohm, da sind extreme Leistungen gefragt.

Während hier viele Verstärker nicht mithalten können, arbeitet der Rowen laut Angaben des Herstellers problemlos bis zu kriminellen Impedanzen von 0,1 Ohm.

Außerdem hat Aebischer bei der Kraftmaschine auf eine Gegenkopplung verzichtet, wodurch der Verstärker gegenüber Störsignalen von Seiten der Lautsprecher unempfindlich ist. Die Monoblöcke mit einer dynamischen Spitzenleistung von bis zu 1000 Watt lassen sich auch als Sockelverstärker in die R-S und die 1&1 einbauen.

Diejenigen, die das Kraftpaket des Vorverstärkers (2990 Franken) und der Monoblöcke (als Sockelverstärker 1590 Franken pro Stück) budgetmäßig umhaut, dürfen sich auf die Economy-Version freuen, welche Dynavox im Monat April auf den Markt bringen wird. Der Vorverstärker PR-1E und die Stereo-Endstufe PA-1S werden zu je 1490 Franken zu haben sein.

Mit dieser Strategie dürfte das Freiburger Unternehmen kaum schlecht liegen, sind doch auch bei den Lautsprechern die kleineren und mittelgroßen Modelle am meisten gefragt.

Text: Claude Settele